KraftFahrKonsul
Bericht Suzuki GSF 650 Bandit S

Bericht Suzuki GSF 650 Bandit S

Die erste große Liebe vergisst man nicht, sagt man, die erste große Liebe prägt einen, sagt man – ich sage, das erste “richtige” Motorrad gibt einem viele Dinge mit, die sich auch in späteren Jahren immer wiederfinden werden. Es muss irgendwann Mitte der 2000er Jahre gewesen sein. Nach zwei klassischen Anfängermotorrädern, im Geldsinn natürlich, eine GPZ 550 ist nicht wirklich ein Anfängermopped… sollte es nun endlich etwas “Richtiges” werden. Trotzdem war das Geld, wie eigentlich immer, knapp und daher kamen auch nicht so viele Modelle in Frage. Genau genommen waren die Kriterien ABS, wenig Kilometer und um die 3.000 Euro eine sehr begrenzende Sache. Honda CBF 600, Honda CB 500 oder eben die hier titelgebende Suzuki GSF 650 s Bandit. Die Jüngeren werden es nicht glauben können, aber zu dieser Zeit waren günstige Motorräder mit ABS noch sehr dünn gesät. Es gab natürlich die Range der BMWs, die aber preislich in völlig anderen Bahnen unterwegs waren. Und auch andere Hersteller hatten ABS zumindest als Ausstattungsoption im Angebot. Aber auf dem Gebrauchtmarkt gab es zu dieser Zeit kaum brauchbares Material, und viele Hersteller hatten gar keine Modelle mit ABS im Angebot. Ich glaube dass die großen Europäer damals nicht besonders weit vorne mit der ABS-Verbreitung waren: Ducati, Aprilia oder KTM. Ich bin mir fast sicher, dass um die 2005er Jahre keiner dieser Hersteller ABS-Modelle liefern konnte. Was dieses Thema angeht, darf man sich im Jahre 2021 auch mal bei der EU bedanken, dass sie dafür gesorgt hat, dass sich bis runter in die 125er Klasse ABS und andere Systeme durchgesetzt haben. Doch zurück zur Bandit. Nach einiger Suche habe ich das passende Modell gefunden: eine 650er, also schon wassergekühlt. “Gotteslästerei” höre ich die Puristen rufen… nur luft/ölgekühlte Banditen sind echte Banditen. So ein Q***sch! Der wassergekühlte Motor war in fast allen Belangen besser und angenehmer zu fahren – dazu stärker und mit zeitgemäßer Einspritzung ausgestattet. Dazu kam noch das, meiner Meinung nach, bessere Design. Ich kann mich noch gut an die Stunden nach der Probefahrt erinnern – denn obwohl ich sofortige Kaufbereitschaft signalisierte, konnte ich leider nicht die gesamte geforderte Summe aufbringen und musste daher auf den Verkäufer warten, der noch einen anderen Interessenten an diesem Tag hatte. Ich saß also auf meiner Couch und kratzte den Kalk von den Wänden. Dann kam der erlösende Anruf: “Also… kannste haben, wenn du willst” “Yippie” Eine etwas lauter als gewöhnliche dargebrachte Freudensbekundung hat wahrscheinlich meine Nachbarn erschreckt, aber mir war das zu diesem Zeitpunkt egal. Ich kann mich an wenige Situationen erinnern, an denen ich mich so darüber gefreut hatte, Geld auszugeben, wie an diese. Also am nächsten Tag noch mit dem Leih-LKW zum Verkäufer und die Maschine aufgeladen. Nicht, dass er sich das noch anders überlegt… In der Nachbetrachtung hat die Entscheidung auch nicht wirklich er, sondern seine Frau getroffen die, sehr freundlich – aber auch sehr deutlich in anderen Umständen, entschieden hatte, dass Motorradfahren nun keine Freizeitbeschäftigung für werdende Väter mehr ist. Nun denn. Da stand sie vor mir – der Schlüssel in meiner Hand, der rote Bandit Schriftzug auf schwarzem Lack. alles schrie mich an: FAHR mich – jetzt! Doch wenn eine Sache zum Erwachsenwerden / -sein gehört, dann die selbst auferlegte Geduld. Die Suzuki ist noch vom Verkäufer direkt in die nächste Suzuki-Werkstatt gebracht worden. Nichts Schlimmes – oder eigentlich doch, denn von den ursprünglich 86 PS waren aufgrund von Stufenführerscheinbegrenzungen nur derer 34 versammelt. Und das geht gar nicht. Also Drossel raus und 3 Tage später konnte ich die Maschine endgültig in die Arme schließen. Ich weiß noch genau, was für ein Tag das war -wie im Bilderbuch: graue Wolken, Regen und kalt! Perfektes Wetter also um sein, bis dato, teuerstes Mopped anzuholen. Das war allerdings kein Hinderungsgrund, schließlich hab ich ja ABS – da kann ja gar nichts passieren. Also beim Händler die vereinbarten 250 € abgegeben (die ich eigentlich schon nicht mehr hatte) und auf den Sattel geschwungen. Zündung – Start -und der Reihenvierer brummte los. Gänsehaut pur trotz serienmäßiger Auspuffanlage (was zu dieser Zeit trotz vollkommende Abwesenheit von Euro 4 etc. unglaublich leise war) Diese direkte Gasannahme; diese gleichmäßige Leistungsentfaltung; die 86 PS. Doch Vorsicht! Der Regen schob der kompletten Probe der Leistungsfähigkeit einen Riegel vor. Also ab nach Hause. Kennt ihr das? Ihr habt ein neues Fahrzeug und wollt eigentlich gar nicht in´s Haus gehen, weil ihr immer wieder über die einzelnen Elemente des Fahrzeugdesign gleiten wollt? Ich schreibe diese Zeilen aus der Erinnerung von über 10 Jahren und kann mich dennoch an viele Elemente erinnern, die mir damals so gut an der Maschine gefallen haben: der moderne Sitz; die LCD-Elemente zwischen den beiden klassischen Rundinstrumenten; die schnittige Halbschale. Schnittig? Sag man das noch so? Egal, ich fand´s damals total schnittig! Nachdem das Wetter am nächsten Tag besser wurde, ging es los – der Auftakt zu einer fast 5 Jahre andauernden Beziehung, die von großer Freude und unbedingter Zuverlässigkeit begleitet wurde. Natürlich kam nach dem nächsten Gehaltsscheck sofort ein anderer Auspuff auf das Mopped – Leovince irgendwas, aber Top-Sound vor allem mit herausnehmbaren db-Killer. Warum sich die Wege getrennt haben? Nun, da sind zum einen die ganz objektiven Nachteile des Fahrzeugs: Das hohe Gewicht, aufgrund der Gleichteilestrategie mit der großen Schwestern 1250 und den guten, aber nicht überragenden Fahrwerkskomponenten, die ausreichende, aber nicht übermäßige Leistung des Motors und die, konzeptbedingte, Perfektion japanischer Vierzylinder-Motoren. Perfekt, aber irgendwie auch etwas blutleer. Dazu kam eine erste Krise in meinem Motorradleben. Leider ergab es sich nicht, dass in meinem Freundeskreis viele Motorrad fuhren, so dass ich häufig alleine unterwegs war und das ist / war auf Dauer etwas langweilig. Daher wurde nach ca. 15.000 km und vielen Stunden die Scheidung eingereicht. Es ging auf zu neuen Ufern, etwas Spannenderes musste her – doch davon an anderer Stelle. Ich denke gerne an die Bandit zurück – diese ersten durchgeladenen Autobahnetappen mit dem Gashahn auf Anschlag – die unzähligen Touren durch die Eifel / das Bergische – die große Angst, als ich mit qualmendem Motor auf der Autobahn stehen blieb (keine Sorge, war nur überfüllte Kühlflüssigkeit nach einem Service) Dennoch hat sie keinen Platz in der “Hätte man mal behalten können” Garage. Warum? Weil das Motorrad an sich zwar super fährt, viel Freude macht und sehr zuverlässig ist, aber auf Dauer fehlt der Zugang zu (meinem) Herzen. Irgendwann hatte ich schlicht keine Lust mehr, mit ihr zu fahren und das sagt eigentlich Alles. (I was tired of my Lady – We’d been together too long – Like a worn out recording of a favorite Song) *Rupert Holmes

Viele Grüße

Der Konsul

Technische Daten:

Hubraum: 656 cm³

Leistung: 86 PS bei 10.500 U/min

Drehmoment: 62 NM bei 8.900U/min